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Die Berliner Handelsgesellschaft

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13. Oktober 2012

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Die Berliner Handelsgesellschaft

Die Berliner Handelsgesellschaft wurde am 2. Juli 1856 gegründet. Seit ihrer Gründung residierte die Bank an der Französischen Straße Nr. 42 im Zentrum Berlins. Unter den Gründern waren mit Paul Hermann Mendelssohn-Bartholdy, Gerson Bleichröder und Abraham Oppenheim drei der bedeutendsten preußischen Privatbankiers. Die Bank wurde als Kommanditgesellschaft auf Aktien gegründet und erhielt den ungewöhnlichen Namen „Handels-Gesellschaft“. Die Gründung des Instituts fällt in die Zeit der beginnenden Industrialisierung in Deutschland. Das Bankhaus engagierte sich zunächst bei der Finanzierung des Eisenbahnbaus in Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland. Einige Jahre später gewann das Finanzieren der Industrie an Bedeutung. Binnen eines Jahrzehnts rückte die Berliner Handelsgesellschaft in die Spitzengruppe der deutschen Banken auf.

Boomjahre in Zeiten der industriellen Revolution

Das Berliner Institut profitierte vom Erfolg Preußens. Berlin dominierte als Bankenstandort im Deutschen Reich. Den Boomjahren nach der Reichsgründung von 1871 folgte bald eine tiefe Rezession: die als „Gründerkrach“ in die Geschichte einging. Die Berliner Handelsgesellschaft überstand diese Zeit hektischer Gründungsaktivitäten, da die Banker selbst hafteten und sich daher von gewagten Spekulationen und Börsentransaktionen fernhielten. Die Bank überstand die Krise zwar nicht ohne Blessuren, aber ohne Substanzverlust.

In den 1880er-Jahren bis zum ersten Weltkrieg entwickelte sich die Berliner Handelsgesellschaft zu einer der führenden Investmentbanken Deutschlands. Der Erfolg der Bank war eng mit Carl Fürstenberg (1850-1933) verbunden. Dieser übernahm 1883 die Leitung des Instituts. Unter Fürstenberg wurde die Bank zu einer Industrie- und Investmentbank. Von Anfang an finanzierte die Berliner Handelsgesellschaft die 1983 gegründete „Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Electricität“, die kurz darauf in die „Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft“ – kurz AEG – umbenannt wurde. Bei der Zusammenarbeit mit dem späteren Weltkonzern AEG half die persönliche Bekanntschaft Fürstenbergs mit Emil Rathenau, dessen Sohn Walther später deutscher Außenminister wurde. Die Nähe zur Industrie war nicht selbstverständlich für Banker der damaligen Zeit. Zudem verzichtete die Bank auf den Aufbau eines Filialnetzes. Fürstenberg spezialisierte sich lieber und bediente seine Nische. Dabei half der eigene Ansatz der Bank, Partnerbanken unter den Provinzbanken zu finden.

Neue Ideen werden finanziert

Nach der Hochzeit des Eisenbahnwesen und der Montanindustrie, folgten neue Industrien wie die Elektrotechnik, die Chemie sowie der Maschinen- und Fahrzeugbau. Deutsche Unternehmen expandierten stark damals. Die Berliner Handels-Gesellschaft stieg zu einem der wichtigsten Bankpartner bei der Finanzierung des Kapazitätsausbaus und neuer Industrieanlagen auf. Das Institut erarbeitete sich den Ruf, bei der Emission von Aktien und Anleihen innovativ und ideenreich zu sein. Neben dem Industriegeschäft war die Berliner Handelsgesellschaft schon früh im Geschäft mit Staatsanleihen ausländischer Emittenten tätig. So kamen bereits 1889 Geschäftskontakte nach China zustande.

Weltwirtschaftskrise und schwierige Jahre

Schalterhalle BHG 1920

Bis nach dem zweiten Weltkrieg folgten schwierige, aber auch bewegte Jahre für das Bankhaus. So waren die 1920er-Jahre von zahlreichen Zusammenschlüssen von Unternehmen geprägt und ein Übernahmeversuch durch den Industriellen Hugo Stinnes konnte abgewehrt werden. Selbst die Weltwirtschaftskrise 1929 überstand das Bankhaus gut. In der dunklen Zeit des Nationalsozialismus gaben drei der vier Geschäftsinhaber wegen ihrer jüdischen Abstammung ihre Position auf und flohen rechtzeitig aus dem Land. Zu ihnen gehörte Hans Fürstenberg, der Sohn von Carl Fürstenberg der prägenden Führungspersönlichkeit der Bank. Nach Kriegsende wurde der Name der Bank zwar beibehalten, aber der Sitz des Unternehmens wurde nach Frankfurt verlagert, da der sowjetische Stadtkommandant Bankgeschäfte untersagte.

Die ZEIT schrieb am 5. Juli 1956 über die Berliner Handelsgesellschaft: „Ein Jahrhundert ständiger Mitarbeit an hervorragender Stelle des öffentlichen Lebens ist eine Leistung, auf die nur wenige deutsche Großunternehmen zu verweisen vermögen. Sie besagt, daß man von Anfang an, seit dem Einbruch der industriellen Revolution in die alte ständische Wirtschaft, dabei war. Das aber vermag die Berliner Handelsgesellschaft, die am 2. Juli das Fest ihres hundertjährigen Bestehens feierte, von sich mit allem Recht zu behaupten.“

Inzwischen ist die Berliner Handelsgesellschaft mit der Frankfurter Bank in die BHF-Bank überführt worden.

Artikelbild: Berliner Handelsgesellschaft in Berlin Mitte um 1920. Fotos verwendet mit freundlicher Genehmigung der BHF-Bank.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.