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Wir schauen uns vor allem das Risikomanagement genau an

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20. August 2012

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Wir schauen uns vor allem das Risikomanagement genau an

Ein Gespräch mit Sasa Perovic, Direktor Investmentfonds Scope Analysis, über neue Ratings für vermögensverwaltende Fonds.

Warum hat Scope ein Rating speziell für Vermögensverwaltende Fonds konzipiert?

Fonds mit einem vermögensverwaltenden Ansatz werden für Anleger immer wichtiger. Also haben wir eine Rating-Methodik entwickelt, die sich zwar an die Bewertung herkömmlicher Investmentfonds anlehnt, die jedoch die Besonderheiten dieser Asset-Klasse abbildet.

Worin genau liegt der Unterschied?

Vermögensverwaltende Fonds haben eine andere Ausrichtung als herkömmliche Aktien-, Renten- oder Mischfonds. Daher berücksichtigen wir bei der quantitativen Analyse zum Beispiel Kennzahlen wie den Kapitalerhalt und die Verlustdauer innerhalb des Anlagehorizonts. Diese Kennziffern spielen bei der Bewertung herkömmlicher Investmentfonds keine Rolle.

Können Sie kurz skizzieren, wie sich das Scope-Rating überhaupt zusammensetzt?

Die Ratingnote ergibt sich zum einen aus quantitativen Kriterien, die sich aus Performance- und Risikokennzahlen zusammensetzen. Die Analyse dieser Erfolgsparameter ermöglicht Aussagen darüber, wie gut der Fonds im Vergleich zu seinen Mitbewerbern (Peergroup) in der Vergangenheit abgeschnitten hat. Neben den quantitativen fließen aber auch qualitative Aspekte mit in die Bewertung ein. Zusammen erlauben sie eine ganzheitliche Qualitätsbewertung des Fonds und helfen bei der Beurteilung der zukünftigen Entwicklung.

Auf welcher Grundlage haben Sie die qualitativen Kriterien bewertet?

Allen Ratings liegt ein umfangreicher Fragebogen zugrunde, der direkt von den Fondsgesellschaften ausgefüllt wurde. Abgefragt wurden unter  anderem alle relevanten Aspekte zur Portfolio- und Investitionsstrategie, zum Prozess der Titelauswahl, zur Qualifikation des Managements und zu Schlüsselpersonenrisiken.

Welche qualitativen Kriterien haben für das Rating besonders hohes Gewicht?

Neben der Investitionsstrategie und den Investmentprozessen ist es vor allem das Risikomanagement, das wir uns sehr genau anschauen. Denn um Verluste in turbulenten Marktphasen zu begrenzen, muss das Risikomanagement über gesetzliche Mindeststandards hinausgehen. Mit einem standardisierten Risiko-Reporting lassen sich fondsspezifische Risiken nicht effektiv managen. Dazu bedarf es erheblich mehr Aufwand und ausgefeilter Strategien – vor allem wenn in mehrere Asset-Klassen investiert wird. Darüber hinaus macht es einen erheblichen Unterschied, ob weite Teile des Risikomanagement an Dritte ausgelagert sind oder ob das gesamte Fondsmanagement dies als seine eigene Kernaufgabe definiert.

Welche Fonds lagern das Risikomanagement aus? Und was sind überhaupt die Nachteile?

In der Regel lassen kleinere Fondsgesellschaften aus Kostengründen das Risikomanagement teilweise extern erbringen. Der wesentliche Nachteil ist, dass dabei häufig keine individuelle, auf das Portfolio abgestimmte Risikomessung stattfindet. Außerdem kann es zu Zeitverlusten kommen, wenn auf spezielle Marktereignisse zügig reagiert werden muss.

Bei welchem qualitativen Kriterium gibt es ebenfalls große Unterschiede?

Wir haben bei den von uns analysierten Fonds auch deutliche Unterschiede bei den Research-Kapazitäten festgestellt. Auf der einen Seite gibt es Fonds, die verstärkt auf eingekaufte Research-Ergebnisse zurückgreifen. Auf der anderen Seite betreiben vor allem große Fondsgesellschaften häufig umfangreiches Primärresearch. Das heißt, sie analysieren Märkte, Branchen und makroökonomische Zusammenhänge selbständig und führen Interviews mit Fondsmanagern und Unternehmen durch.

Welche Vorteile bringt das Primärresearch?

Die Aufgabe vom Research liegt darin, durch eigene Analysen neue Erkenntnisse zu gewinnen, die im besten Fall über die am Markt erhältlichen Informationen hinaus gehen und den Fonds weiterbringen. Außerdem sind die erhobenen Informationen exakt auf den Investmentprozess abgestimmt. Sowohl beim Risikomanagement als auch beim Research haben kleinere Fonds tendenziell weniger Kapazitäten zur Verfügung.

Schneiden kleinere Fonds insgesamt schlechter ab?

In der Tendenz ja. Zumindest bei den bislang von Scope bewerteten Vermögensverwaltenden Fonds zeigt sich eine Spreizung zugunsten großer Fonds. Jedoch muss einschränkend ergänzt werden, dass es grundsätzlich keine Kausalität zwischen Fondsvolumen und -performance gibt. Die Größe eines Fonds ist also nicht zwangsläufig ein Gütesiegel. Dennoch: Bei einigen Kriterien wie beispielsweise den Research-Kapazitäten haben es große Fonds einfacher.

Welchen Einfluss haben die Fondskosten?

Hohe Fondskosten führen zu Bewertungsabschlägen im Ratingprozess. Dabei berücksichtigen wir nicht nur die Gesamtkostenquote (TER), sondern auch darüber hinausgehende Performance Fees. Immerhin zwei Drittel der von uns untersuchten Fonds haben erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile.

Wie hoch sind die Kosten Vermögensverwaltender Fonds im Vergleich zu anderen Investmentfonds?

Die durchschnittliche TER aller Vermögensverwaltenden Fonds am Markt beträgt 1,8 Prozent. Damit liegen sie sogar leicht unterhalb der Kosten für aktiv gemanagte Aktienfonds. Misch- und Rentenfonds sind jedoch günstiger. Diese Fonds stellen ihren Anlegern im Durchschnitt nur 1,6 bzw. 1,1 Prozent des Fondsvolumens pro Jahr in Rechnung. Dies darf aber über eines nicht hinwegtäuschen: Die TER berücksichtigt keine erfolgsabhängige Vergütung, die gerade bei Vermögensverwaltenden Fonds häufig eingesetzt wird. Und genau diese Gebühr kann sich mittel- bis langfristig zu einem deutlichen Nachteil für den Anleger entwickeln.

Scope vergibt neben der Ratingnote auch das Siegel eines Basisinvestments. Was hat es damit auf sich?

Als Basisinvestment zeichnen wir Fonds aus, in die Anleger grundsätzlich ihr Vermögen investieren können, ohne dass sie sich weitere Gedanken über Diversifikation und Allokation machen müssen. Das bedeutet zum einen, dass diese Fonds über mehrere Asset-Klassen und ausreichend Einzeltitel diversifiziert sind. Darüber hinaus erfüllen diese Fonds die höchsten Ansprüche in Bezug auf die genannten qualitativen Elemente. Diese Aspekte überprüfen die Scope-Analysten im Rahmen eines umfassenden Managementinterviews vor Ort.

Zum Abschluss: Sind Vermögensverwaltende Fonds nur eine kurzfristige und marketinggetriebene Modeerscheinung?

Nein. Vermögensverwaltende Fonds sind eine logische Entwicklung des Marktes. Es geht heute nicht mehr nur darum, die besten Fonds in den jeweiligen Segmenten ausfindig zu machen. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, welches Vehikel dem Anleger den größten Nutzen bringt. Vermögensverwaltende Fonds übernehmen für Anleger die Portfolioallokation und -diversifikation. Viele Fonds schaffen es, Risiken insbesondere in turbulenten Phasen zu begrenzen und dennoch Performancepotenziale zu nutzen. Insofern sind Vermögensverwaltende Fonds eine sinnvolle Produktkategorie. Da die Anforderungen an das Fondsmanagement noch größer sind als bei herkömmlichen Investmentfonds, ist die Frage nach der Qualität der Fonds noch entscheidender.
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Das Interview und die Analyseergebnisse sind erschienen im ScopeAnalysis Report 6/2012.
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