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Postbank: Wenn Sparen zum Glücksspiel wird

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28. Januar 2013

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Postbank: Wenn Sparen zum Glücksspiel wird

Die Postbank lässt ihre Marketing-Abteilung gerne über die angebotenen Produkte entscheiden. Bei dem Institut ist sogar Geldsparen kompliziert. Wie man es besser nicht macht.

Die Postbank hat eine eigene Historie schlecht konzipierter Finanzprodukte. Ein früheres Produkt war das „DAX-Sparbuch“. Dabei wurde der Zins nach einer völlig unverständlichen, komplizierten Formel an die Kursentwicklung des DAX gekoppelt. Wer sich nicht erinnert, der findet hier ein Testergebnis.

Gewinn-Sparen

Jetzt hat die Marketing-Abteilung ein anderes Sparprodukt konzipiert, das Sparer vor allem hinter die Fichte führt und im Unklaren über die effektive Rendite lässt. Aber schauen wir uns das Produkt genauer an. Anstatt den effektiven Sparzins auszuweisen, kombiniert das Bankinstitut einen Basiszins mit einem Extra-Bonus und einem Gewinn-Bonus. Aber nicht genug. Deren Höhe ist abhängig von der Einzahlsumme und Glück.

Basiszins

Auch bei diesem Produkt bietet die Postbank einen Basiszins für frisches Geld – darf drei Monate nicht bei dem Institut sein. Dieser ist gestaffelt nach Höhe der Investments. Von 0,65% von 1.000 bis 5.000 angelegtem Geld bis 1,15% (50.000 bis 99.999). Hinzu kommt ein Extra-Bonus von 1,0%. Alle Angaben hier und später sind Jahreszinssätze. Die Aktion gilt zudem für genau sechs Monate (1.03. bis 31.08.2013).

Gewinn-Bonus

Dieser Zinssatz ist ein weiterer Aufschlag, der abhängig ist von  der Endziffer von Losen der Aktion Mensch. Jeden Monat wird der Zins neu ermittelt. Diese werden von der Postbank in fünf Klassen von 00 bis 99 (100 Ereignisse) eingeteilt. Wenn man jetzt genau hinschaut, dann stellt man fest, dass die erste Größenklasse  (00 bis 20) mit der geringsten Rendite von 0,1 % ausgestattet ist.  Trickreich von den Postbankern: Dies ist die größte Klasse mit 21 Ereignissen. Die höchste Klasse bietet nämlich einen Aufschlag von 0,60% als Gewinn-Bonus. Sie umfasst aber nur 19 Ereignisse.

Nachgerechnet: die echte Rendite des Produkts

Die Postbank rechnet vor, dass man Zinsen bis zu 2,75 Prozent biete. Und die Rechnung geht so:

1% Extra-Zins
+ 1,15% (bei mehr als 50.000 Euro)
+ 0,60% (maximal)
= bis zu 2,75%.

Das Ergebnis ist theoretisch erzielbar, allerdings auch grob irreführend. Zum einen kann man erst ab 50.000 Euro in den Genuss des maximalen Zinssatzes kommen. Zum anderen müssten die Endziffern der Monatslose bei der Aktion Mensch 6-mal hintereinander zwischen 81 und 99 liegen. Nur dann ist dieser Zinssatz überhaupt erzielbar.

Mathematisch genau müsste man die Zinsen mit der Eintrittswahrscheinlichkeit der Losnummern mulitiplizieren. Dann kommt man auf einen realistischen Zinssatz. Mathematisch korrekt ist dann der durchschnittliche Zinssatz von 0,255% für den Gewinn-Bonus. Die Postbank sollte also mit der theoretisch richtigen Rendite von 2,405% p.a. statt mit bis zu 2,75% p.a. werben. Das ist ungefähr der gleiche Renditeerwartung wie 2003.  Wer weniger als 5000 Euro anlegt, der erhält übrigens 0,5% weniger. Aber das passte der Marketing-Abteilung der Postbank wohl nicht. Daher hat man sämtlich positiven Konstellation einfach zusammengefasst.

Hier der Link zur Website.

Bewertung des Produkts

Die Verzinsung ist übrigens durchaus marktgerecht. Ein neuerer Text mit einer Übersicht über Sparzinsen findet sich bei Focus Money. Das Hauptproblem des Gewinn-Sparens der Postbank ist weniger die Rendite, sondern das Verschleiern der Konditionen. Sparen ist nämlich ein ganz einfaches Konzept, das aber bei der Postbank zu einem mathematischen Rätsel wird. Genau so etwas hätte man sich aus Verbrauchersicht anders gewünscht in Zeiten nach der Finanzkrise, denn Transparenz ist längst ein wichtiges Kriterium bei der Geldanlage.

Was bekommt eigentlich die Aktion Mensch?

Bei der ganzen Rechnerei geht unter, dass die Postbank an die Aktion Mensch einen Spende ausgibt, die ebenfalls an den Erfolg des Finanzprodukts und die Losnummern gekoppelt ist. Ein Prozent des ausgezahlten Gewinn-Bonus ist laut Prospekt drin. Die Postbank hat aus Angst vor zu viel Kapitalzuflüssen eine Kappungsgrenze von zehn Milliarden Euro  eingeführt.  Ziemlich optmistisch für so ein kompliziertes Sparprodukt.

Aber wenn es ganz schlecht für die Postbank läuft, dann kommen (Endziffern zwischen 81 und 99) 30 Millionen an Gewinn-Boni für die Sparer zusammen (halbes Jahr; 0,6%; Sparsumme: 10 Milliarden Euro). Ein Prozent davon sind also maximal 300.000 Euro für den guten Zweck drin.  Durchschnittlich sind es allerdings nur 120.250 Euro, die als Spende an die Aktion Mensch gehen.

Eines ist sicher: Solche Finanzprodukte benötigt der Markt nicht. Genauso wenig wie das absurde PS-Sparen der Sparkassen. Denn Geldanlage funktioniert nicht als Glücksspiel und sollte vor allem transparent und einfach konzipiert sein. Zumindest: Wenn man den Sparer als Partner ernst nimmt.

Artikelbild: Ausschnitt des Produktblatts. Postbank.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.