Friday, Nov. 4, 2022

Merkel ausgelauscht. Was ist eigentlich diesmal anders?

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24. Oktober 2013

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Merkel ausgelauscht. Was ist eigentlich diesmal anders?

Merkel wurde ausgelauscht. Nicht von den Russen, sondern ihren Freunden. Ihre eigenen Demokratiedefizite werden offensichtlich.

Im Juni 2010 war Angela Merkel sauer auf Sigmar Gabriel. Im SPIEGEL konnte ein SMS-Austausch zwischen der Kanzlerin und Gabriel nachgelesen werden. Der SPD-Chef hatte Merkel in der Kurznachricht Joachim Gauck als überparteilichen Kandidaten vorgeschlagen. Merkel lehnte mit den Worten „Danke für die info und herzliche Grüße am.“ ab und installierte den letztlich glücklosen Christian Wulff. Merkel soll über die Indiskretion geschäumt haben. Die SMS hat seinerzeit vermutlich Gabriel weitergegegen. Zumindest soll Gabriel laut SPIEGEL versucht haben, sich bei Merkel zu entschuldigen.

Aber denken wir das inzwischen unwichtige Szenario einer SMS.Indiskretion mal weiter. Was passiert eigentlich wenn die Abhörorganisation USA durch gezielte Indiskretionen in Deutschland die Politik beeinflusst? Damals sprachen und kommunizierten Gabriel und Merkel drei Monate nicht miteinander. Denkbar sind auch andere Szenarien bis hin zu Denunziationen oder Wahlbeeinflusungen. Möglicherweise kommen durch solche Indiskretionen hier und anderswo ganze Regierungen ins Wanken.

Watergate war in den USA zu Recht einer der größten Polit-Skandale. Heute sind die Möglichkeiten noch viel größer. Und was machen ausgerechnet die Vereinigten Staaten? Sie nutzen ihre Möglichkeiten. Abhören ist kein Kleinigkeit. Was man bislang weiß ist dramatisch: Abörsichere Büros der EU wurden ausgepäht und die Kanzlerin auch. Davon ist gerade während der Verhandlungen des Freihandelsabkommens mit den USA auszugehen. Welchen Wert hat ein solches Abkommen? Kurz: Gar keinen. Die EU sollte das Abkommen auf Eis legen.

Merkels Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hatte vor einigen Monaten die NSA-Affäre per Handstreich für beendet erklärt. Jetzt muss er der Öffentlichkeit und seiner Chefin erklären, aufgrund welcher Informationen er zu dieser fatal ahnungslosen Einschätzung kam. Merkel muss jetzt den Bürgern einen Widerspruch erklären warum ihr Handy wichtiger ist als das ihrer Bürger. Das der Kanzlerin ist natürlich nicht wichtiger, denn Demokratie und die Freiheit dürfen nicht nur für Regierungen gelten. Angela Merkel muss zudem ihre bekannte Demokratieschwäche angehen: Sie glaubt historisch bedingt, dass die Vereinigten Staaten die Guten sind und der politische Gegner eher im Osten zu finden ist.

Angela Merkel hat sich immer zurückhaltend bezüglich einer Asylgewährung eines gewissen Edward Snowden geäußert. Jezt könnte Deutschland auf dem EU-Gipfel ein starkes Zeichen setzen und Snowden anbieten, einen Asylantrag wohlwollend sehen zu wollen. Snowden kämpft nämlich für Demokratie und Freiheit. Merkel hat es bislang nicht getan.

 

Bild: Appaloosa aus der deutschsprachigen Wikipedia [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.