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Immobilienfonds – BVI widerspricht Bundesregierung

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18. August 2012

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Immobilienfonds – BVI widerspricht Bundesregierung

In seiner Stellungnahme zum AIFM-Umsetzungsgesetz übt der Fondsverband BVI deutliche Kritik am Verbot neuer offener Immobilien-Publikumsfonds und Immobilien-Spezialfonds. Die Abschaffung offener Immobilien-Publikumsfonds schade Kleinanlegern.

Thomas Richter (BVI)

„Ein Verbot neuer offener Immobilienfonds würde viele Kleinanleger vom Immobilienmarkt ausschließen“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. Seit 1959 ermöglicht der Offene Immobilienfonds (OIF) Kleinanlegern in Deutschland diversifizierten Immobilienbesitz, ohne den Schwankungen der Börse ausgesetzt zu sein. Investments sind bereits ab 25 Euro möglich und erzielten in den letzten 30 Jahren eine durchschnittliche Rendite von jährlich 5,4 Prozent.

BVI: Offene Immobilienfonds alternativlos

Die Gesetzesänderungen wollen Investments in einen geschlossenen Ein-Objekt-Fonds künftig erst ab 50.000 Euro erlauben. Geschlossene Mehr-Objekt-Fonds erfordern für Kleinanleger in der Regel einen zu hohen Anlagebetrag. Der BVI sieht hier ein höheres Risiko. Auch Immobilienaktien und Reits seien für die meisten Anleger keine Alternative, denn sie unterliegen den Schwankungen der Börse. Der BVI meint, dass viele Anleger in Immobilienfonds ein Produkt suchen, das die Bewertung der Immobilien abbildet und nicht mit dem Aktienmarkt korreliert.

Soziale Unwucht

Das Verbot neuer offener Immobilien-Publikumsfonds, das im Gesetz vorgesehen ist, beschränkt die Auswahl der Kleinanleger auf die Assetklassen Aktien und Anleihen. Der BVI warnt, dass Anleger einem daher größeren Anlagerisiko ausgesetzt seien als wohlhabende Anleger, die ihre Ersparnisse stärker diversifizieren und sich direkte oder indirekte Immobilieninvestments leisten können. Das sei sozial ungerecht und schade den Kleinanlegern.

Die geplante Abschaffung neuer OIFs ist laut BVI umso unverständlicher, als der Gesetzgeber den OIF erst 2011 reformiert und seiner Nutzung als Liquiditätsparkplatz durch institutionelle Anleger mit Halte- und Kündigungsfristen Einhalt geboten hat. Die Gesetzesänderung konnte noch nicht wirken, weil die OIFs erst zum 1. Januar 2013 auf die neuen Bedingungen umgestellt werden. Richter: „Es erstaunt, dass der Wille des Parlaments jetzt nicht in die Praxis umgesetzt werden soll, sondern von der Exekutive ohne neuen Anlass ignoriert wird.“

Verbot von Spezial-OIFs nicht nachvollziehbar

Nicht nachvollziehbar ist laut BVI, dass das Bundesministerium der Finanzen auch offene Immobilien-Spezialfonds verbieten will. Anders als bei den Immobilien-Publikumsfonds hat es bei diesen Produkten nie Probleme gegeben. Sie seien bei den institutionellen Kunden äußerst gefragt. Ihr Volumen stieg in den letzten zehn Jahren von rund acht auf über 34 Milliarden Euro, die Zahl der Anbieter wuchs von zehn auf 30. Institutionelle Anleger benötigen angesichts der niedrigen Zinsen die Anlage in Immobilien mehr als je zuvor. Sie brauchen auch den offenen Fonds, weil beispielsweise Versicherungen aus rechtlichen Gründen nicht in geschlossene Vehikel investieren dürfen. Wenn die institutionellen Investoren ihre Anlagebedürfnisse nicht mit deutschen Produkten erfüllen können, müssen sie ausländische Vehikel wählen.

Richter fügt das Standortthema hinzu: „Eine Abschaffung des offenen Immobilienspezialfonds in Deutschland würde die institutionellen Anleger zwangsläufig nach Luxemburg und Irland treiben. Etwas Besseres könnte diesen Finanzplätzen nicht passieren.“ Dort sei man klug genug, offene Immobilienvehikel weiter zuzulassen, zumal die internationale AIFM-Richtlinie überhaupt keinen Anlass für ein Verbot gibt.

BVI: Entwurf enthält auch Gutes

Schon bei Erscheinen des Gesetzentwurfs hatte der BVI das Positive unterstrichen. Insbesondere begrüßt er den Fortbestand des offenen Wertpapier-Spezialfonds, den das BMF ursprünglich ebenfalls abschaffen wollte. Die Einführung der Investmentkommanditgesellschaft als Vehikel für das Pooling von Pensionsgeldern internationaler Konzerne gehe ebenfalls auf eine Initiative des BVI zurück. Allerdings müssen auch im Bereich der Wertpapierfonds handwerkliche Fehler behoben werden. Insbesondere muss es möglich sein, Fonds aufzulegen bevor die Fondsgesellschaft die künftig erforderliche AIFM-Zulassung erhalten hat. Zwischen dem voraussichtlichen Inkrafttreten des KAGB im Juli 2013 und der von der BaFin zu erteilenden AIFM-Erlaubnis werde vermutlich ein längerer Zeitraum liegen.

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Unser Kommentar dazu
Offene Immobilienfonds haben einen schlimmen Systemdefekt: Anders als börsengehandelte Assets sind Immobilien nicht fortlaufend notiert und wie jeder private Immobilienbesitzer weiß, lassen sich Immobilien nicht einfach verkaufen. Schon gar nicht in der Not. Die tägliche Handelbarkeit von offenen Immobilienfonds war immer nur eine Illusion, die Offenen Immobilienfonds und letztlich der gesamten Fondsbranche geschadet hat. Dazu haben ausgerechnet professionelle Anleger beigetragen, die Kapital in Immobilienfonds geparkt hatten. So wurde durch kurzfristiges Kapital die Branche insgesamt aufgebläht. Dieses Kapitel will die Bundesregierung jetzt beenden. Wer in Immobilien investiert, der soll auf die Verfügungsgewalt seines Kapitals längere Zeit verbindlich verzichten. Durch die geplanten Reformschritte werden Immobilienfonds für Kleinanleger unattraktiv.

Artikelbild: Siemens Pressefoto. Energiesparhäuser.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.