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Die Geschichte des Investmentsparens

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11. November 2012

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Die Geschichte des Investmentsparens

Der holländische Kaufmann Adriaan von Ketwich gründete 1774 den ersten Vorläufer heutiger Investmentfonds. Der Name „Eintracht macht stark“ zeigt, dass die Idee des gemeinsamen Investierens bereits frühzeitig verstanden wurde.

Die Grundidee bei der Fondsanlage ist schon sehr alt und es gab mehrere ähnliche Vorläufer in Europa. 1868 erwähnte der Gründungsprospekt des „The Foreign & Colonial Government Trust“, dass man „kleinen“ Sparern die Vorteile von „Reichen“ verschaffen wolle, indem man die Streuung der Kapitalanlage auf mehrere Aktien ermöglicht. Schon die Wortwahl zeigt, dass den Machern der Aspekt der Chancengleichheit wichtig war. Das Konzept klang schon damals nach dem Prinzip des Publikumsfonds. Jeder kann sich beteiligen. Der Fonds legte zunächst in Staatspapieren und Schuldtiteln an und erst viele Jahre später kamen Aktien hinzu.

Die Argumente für Investments mit gemeinschaftlicher Verwaltung sind bis heute erhalten geblieben: Mit relativ kleinen Beträgen können Anteilseigner Wertpapiere unterschiedlicher Art und in vielen Sektoren und Märkten erwerben. Eine andere „historische“ Idee des Investmentsparens besteht darin, dass der einzelne Anleger eine Zeitersparnis erlangt, da er nicht die Vielzahl von Märkten und Anlagemöglichkeiten beobachten muss. Auch wurden schon damals die Entscheidungen auf „Anlageexperten“ verlagert.

Amerika startete bei Fonds erst später

In den Vereinigten Staaten folgte die Gründung von Investmentgesellschaften später als in Europa. Die älteste amerikanische Gesellschaft nahm erst 1894 ihre Tätigkeit auf. Aus Trusts wurden Investmentgesellschaften. Die amerikanische Investmentindustrie wuchs bis zum Jahr 1929, das bekanntermaßen einen Börsenkrach brachte. Damals gab es etwa 700 Investmentgesellschaften, von denen etwa die Hälfte den Crash und die Weltwirtschaftskrise nicht überlebte. Als Hauptursache dieser Zusammenbrüche wird das Missachten des Prinzips der Kapitalstreuung gesehen. Ein anderer Grund waren schon damals auf Kredit erworbenen Anlagewerte, die in der Krise nicht mehr als Sicherheiten genügten. Man sieht also auch in der frühen Geschichte der Fondsanlage sämtliche Anlagefehler, die auch in der aktuellen Finanzkrise erneut von vielen Anlegern wiederholt wurden.

Positiv wirkte sich die Krise auf die Gesetzgebung von Fondsinvestments aus. Die Fehler in der Frühzeit führten zu Verbesserungen und stärkeren rechtlichem Schutz für Anleger. In Amerika, aber auch in Europa.

Investmentsparen in Deutschland und Europa

Anders als die rasante Entwicklung in den USA oder in Großbritannien dauerte es noch einige Jahre, bis das Investmentsparen in Deutschland seinen Durchbruch feiern konnte. So bedurfte es beispielsweise noch einiger rechtlicher Korrekturen, bis der Investmentsparer dem Direktanleger gleich gestellt wurde.

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Publikumsfonds
Publikumsfonds richten sich an die breite Öffentlichkeit. Oft wird auch der Begriff offener Investmentfonds als Synonym verwandt. Hierin ist die Abgrenzung zu geschlossenen Fonds zu sehen. Geschlossene Fonds bieten als unternehmerische Beteiligungen niedrigere gesetzliche Schutzrechte als die offene Variante. Spezialfonds sind nicht öffentliche Investmentfonds, die für spezielle, meist institutionelle Anleger oder Anlegergruppen aufgelegt werden. Dazu gehören Versicherungsunternehmen, Pensionskassen oder Stiftungen. Die Anleger können individuelle Ziele mit ihrem Investment anstreben.

Wachstum der Branche
Die Entwicklung der Fondsbranche zeigt sich auch rein quantitativ. Von zwei Publikumsfonds in 1950 ging es stetig bergauf. Im Jahr 1996 hatten Privatanleger die Auswahl aus mehr als 1.000 Fonds. Das Anlagevolumen lag damals bei über 200 Milliarden Euro. Im Jahr 2000 konnten Anleger schon unter 1.876 Fonds wählen. Das Anlagevolumen lag bei 444 Milliarden Euro. Zehn Jahre später hatte sich das Angebot an Publikumsfonds fast auf 6.653 Fonds vervierfacht. Inzwischen lag das Anlagevolumen bei über 700 Milliarden Euro. In Spezialfonds, die von institutionellen Anlegern genutzt werden, verwalteten die Investmentbranche über 810 Milliarden Euro.[/box]

1949 wurde in Deutschland mit der Gründung der „Allgemeinen Deutschen Investment GmbH“ (ADIG) in München der Investmentgedanke aufgegriffen. In den nächsten Jahrzehnten folgten Gründungswellen von Kapitalanlagegesellschaften. Es begann mit einigen offenen Fondskonzepten und später kamen mit der rechtlichen Entwicklung spezielle Mandate von institutionellen Anlegern hinzu.

Im Jahr 1970 organisierte sich die Branche in einem gemeinsamen Verband. Angebot schuf tatsächlich Nachfrage und insofern nahm die Zahl der Fonds und das Anlagevolumen bis in das neue Jahrhundert hinein stark zu.

Die Kapitalverkehrsfreiheit in Europa und gemeinsame Gesetze erweiterten die Anlagedomizile von Investmentfonds auf andere Länder. Luxemburg und Irland taten sich hier zunächst besonders hervor. Die Freizügigkeit jedenfalls erlaubte ausländischen Fondsgesellschaften in Deutschland ihre Leistungen anzubieten und so für mehr Wettbewerb und Produktauswahl zu sorgen.

Fondsinvestments heute

Fondsgesellschaften unterliegen besonderen Auflagen, die beispielsweise die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrolliert. Sie erteilt Produkten eine spezielle Erlaubnis und überprüft zusammen mit der Bundesbank die Eignung der Geschäftsführer der Gesellschaften. Zudem gelten Anlegerschutzgesetze: Investmentfonds sind getrennte (Sonder-)Vermögen, die nicht mit den Gesellschaftsmitteln vermischt werden dürfen. Im Falle einer Pleite der Gesellschaft bleibt das Fondsvermögen unangetastet.

Mehrere Finanzmarktförderungsgesetze wurden in der Boomphase der letzten Jahrzehnte verabschiedet und im Jahr 2004 trat das Investmentgesetz in Kraft, das den Europäischen Binnenmarkt weiter entwickelte. Die Grundprinzipien aus den Anfangsjahren der Branche haben weiter Bestand: Investmentfonds setzen auf das Streuen von Kapital und ermöglichen es Anlegern mit relativ geringem Kapitaleinsatz, eine professionelle Anlagedienstleistung zu erwerben. Adriaan van Ketwich wäre zufrieden mit der Weiterentwicklung seiner Idee.

Artikelbild: D. Richter. Eigene Grafiken.
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Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.