Thursday, Apr. 25, 2024

Regierung verklagt Ratingagentur S&P auf Milliardensumme

Written By:

|

6. Februar 2013

|

Posted In:

Regierung verklagt Ratingagentur S&P auf Milliardensumme

Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) muss sich für ihre Bewertungen von US-Immobilien-Wertpapieren verantworten. Die Klage der US-Regierung könnte die Branche verändern.

Die US-Agentur S&P hatte erheblichen Einfluss auf die Vergabe von Häuser-Krediten. Zur Refinanzierung fassten US-Hypothekenbanken ihre Kredite zusammen und bastelten daraus Wertpapiere. Berühmt wurde ein besonders gerupftes Segment der Hypotheken-Kredite als Subprime. Insbesondere diese Papiere wurden an andere Institute vor allem in Übersee weiterverkauft, welche die Wertpapiere in ihren Depots endlagerten. Letztlich erwiesen sich viele dieser Papiere als Finanzmüll.

Beim Verpacken halfen die US-Ratingagenturen und lieferten die Bewertungen der Papiere gleich mit. Dabei kam es zu fachlichen Mängeln, da die Ratingagenturen Wertpapier mit den gleichen Risikotreibern zusammenfassten und trotzdem Topnoten vergaben. Diese guten Bewertungen erleichterten den Weiterverkauf als Leichtgläubiger und Willige. Alle waren zufrieden, bis sich das Risiko 2008 materialisierte.

Marktbeherrschende US-Ratingagenturen

Die Rater behaupten seit Monaten, ihre Ratings seien nur Empfehlungen, aber nicht mehr gewesen. Sie stützten sich bei ihrer Argumentation auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieser Ansatz vergißt jedoch die eigene Marktposition und welche Folgen ein gehobener oder gesenkter Daumen für das Untersuchungsobjekt oder das untersuchte Unternehmen hat.

S&P ist eine von drei US-Agenturen, die den Weltmarkt dominieren. Kritiker sehen in der Oligopol-Situation einen Risikofaktor.  Deutsche Politiker wollten dem eine europäische Agentur gegenüberstellen. Die Idee scheiterte bislang am Startkapital, einem dreistelligen Millionenbetrag. Auch ist die Unabhängigkeit der Noten bei einem Unternehmen mit  Staatseinfluß genauso wenig gesichert. Das Unternehmen müsste sich zudem am Markt gegen die großen Drei durchsetzen.

Mögliche Folgen der Milliardenklage

Der Fall hat nicht nur wegen seiner Schadenshöhe Brisanz und könnte die Branche umpflügen. Denn eine explizite Haftung von Ratingagenturen könnte die Preise und Leistungen der Branche verändern.

Die US-Regierung versucht es mit einer privaten Klage und nicht mit einem strafrechtlichen Antrag. Angestrebt wird eine Milliardenstrafe. Zur Anklage könnte es noch in dieser Woche kommen. Weitere Klagen könnten bald folgen. Moody’s und Fitch sind die beiden Wettbewerber.

Standard & Poor’s machte 2011 über drei Milliarden US-Dollar Umsatz mit über 1,7 Millionen Ratings. Das Unternehmen gehört zur McGRaw-Hill-Gruppe, die weltweit 23.000 Mitarbeiter beschäftigt und so prestigeträchtige Indizes wie den Dow-Jones-Index herausgibt. McGraw-Hill existiert seit 1888.

Artikelbild: Foto Interhyp.

 

Print Friendly, PDF & Email
Share

Share This Article

Related News

Aktiendepots einfach erklärt
ETF Markt 2019: Das wird sich ändern
YouGov-Umfrage: Deutsche wissen nicht, wie viel Versicherungsprovision sie zahlen​

Der Autor

Thorsten Cmiel

Thorsten Cmiel ist Chefredakteur von Investment Alternativen. Der studierte Ökonom ist seit über 15 Jahren als Finanzjournalist und Buchautor tätig.